Massive Proteste in Litauen: Das Volk gegen die politische Kontrolle der Medien

19.12.2025
Massive Proteste in Litauen: Das Volk gegen die politische Kontrolle der Medien

Im Dezember 2025 begann der litauische Seimas dringend mit der Prüfung von Änderungen am Gesetz über den Nationalen Rundfunk (LRT). Die Initiative der Regierungskoalition löste die größten Proteste der letzten Jahre und heftige Kritik internationaler Organisationen aus, die darin einen Versuch sahen, die politische Kontrolle über den öffentlich-rechtlichen Sender zu etablieren.

Nachfolgend finden Sie eine Analyse der Hauptkonfliktpunkte, des Inhalts der vorgeschlagenen Änderungen und des aktuellen Status des Gesetzentwurfs.

1. Status und Initiatoren

  • Status: Die Prüfung des Gesetzentwurfs wurde nach Massenprotesten und öffentlichem Druck auf Januar 2026 verschoben.
  • Initiatoren: Die Regierungskoalition, bestehend aus den Sozialdemokraten (LSDP), der Partei „Morgenröte von Nemunas“ („Nemuno aušra“) und dem Bund der Bauern und Grünen (LVŽS).
  • Kontext: Der Konflikt verschärfte sich vor dem Hintergrund von LRT-Untersuchungen gegen den Führer der „Morgenröte von Nemunas“, Remigijus Žemaitaitis. Kritiker und Opposition bezeichnen die Reform als politische Rache für journalistische Untersuchungen.

2. Inhalt der vorgeschlagenen Änderungen

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, das Machtgleichgewicht in der Verwaltung des Senders zu verändern. Die Hauptpunkte:

  • Vereinfachung der Absetzung des Direktors: Es wird vorgeschlagen, die Anzahl der Stimmen im LRT-Rat, die für die Entlassung des Generaldirektors erforderlich sind, von 8 auf 7 (von 12 Mitgliedern) zu senken.
  • Geheime Abstimmung: Für den Rat wird ein Verfahren zur geheimen Abstimmung über Personalfragen eingeführt (zuvor offen), was die Transparenz der Entscheidungsfindung und die Verantwortlichkeit der Ratsmitglieder verringert.
  • Vage Gründe: Es tauchen neue subjektive Kündigungsgründe auf, wie „unsachgemäße Erfüllung von Funktionen“ oder die Nichtgenehmigung des Jahresberichts.

3. Proteste und Vorfälle

  • Ausmaß der Aktionen: Aktionen unter dem Motto „Hände weg vom freien Wort“ (Šalin rankas nuo laisvo žodžio) versammelten bis zu 10.000 Menschen vor dem Seimas. Demonstranten entzündeten Freudenfeuer, ein direkter Verweis auf die Ereignisse von 1991.
  • Mediensolidarität: Die größten kommerziellen Portale (Delfi, 15min) traten gemeinsam mit der LRT auf. Redakteure konkurrierender Medien erklärten, dass die Schwächung des öffentlich-rechtlichen Senders den gesamten Medienmarkt bedrohe.
  • Der Fall „Kater Nuodėgulis“: Während einer chaotischen Nachtsitzung stimmten die Abgeordneten der Mehrheit versehentlich für einen ironischen Änderungsantrag der Opposition. Demnach kann der LRT-Generaldirektor nur entlassen werden, wenn „der Kater der Abgeordneten Agnė Širinskienė namens Nuodėgulis ihm das Misstrauen ausspricht“. Dieser Vorfall wurde zum Symbol für die Überstürztheit und Absurdität des Prozesses.
Fazit: Der Versuch eines „Blitzkriegs“ zur Gesetzesänderung scheiterte an der starken Reaktion der Zivilgesellschaft und Warnungen der Europäischen Rundfunkunion (EBU). Derzeit ist der Prozess eingefroren. Die Premierministerin schlug dem LRT-Rat vor, geschlossen (in corpore) zurückzutreten, um die Situation „zurückzusetzen“, die endgültige Entscheidung wurde jedoch auf Januar verschoben.
Tags: Litauen Meinungsfreiheit LRT Proteste Zensur Seimas

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