Gefälschte und unseriöse VPN-Dienste — auf der einen Seite Versprechen vollständiger Anonymität und Sicherheit; auf der anderen Seite reale Fälle von Überwachung, Datenlecks und versteckter Monetarisierung des Datenverkehrs. Unten finden Sie eine vollständige Analyse: die konkret aufgedeckten VPN-Dienste, typische Missbrauchsschemata und Schlussfolgerungen für Markt und Nutzer.
1. Kontext: warum gefälschte VPNs zu einem kritischen Thema wurden
Der VPN-Markt ist in den letzten Jahren massiv gewachsen: Website-Blockierungen, zunehmende Überwachung und steigende Cyberkriminalität treiben die Nachfrage nach Schutztools an. Gleichzeitig erscheinen unzählige „kostenlose“ oder unbekannte VPN-Dienste und Browsererweiterungen, die das Vertrauen der Nutzer ausnutzen: Sie versprechen „no-logs“, „militärische Sicherheit“ und „Anonymität“, sammeln aber in der Praxis häufig Daten, erlauben Lecks oder verwandeln Geräte der Nutzer in Knoten fremder Netzwerke. Grundregel: Wenn ein Produkt kostenlos ist, wird höchstwahrscheinlich der Nutzer selbst monetarisiert.
2. Konkrete Fälle enthüllter VPN-Dienste
Nachfolgend nur VPNs und Erweiterungen, zu denen journalistische Recherchen und technische Analysen veröffentlicht wurden — keine Gerüchte, nur dokumentierte Fälle.
2.1. FreeVPN.One — Erweiterung, die Screenshots der besuchten Seiten anfertigte
Im Jahr 2025 stellten Sicherheitsforscher fest, dass die kostenlose Chrome-Erweiterung FreeVPN.One (hunderttausende Installationen) nach einem Update begann, nahezu jede besuchte Seite zu fotografieren und diese Screenshots an einen externen Server zu senden.
- Plattform: Google-Chrome-Erweiterung.
- Was Forscher entdeckten: wenige Sekunden nach dem Laden der Seite wurde ein Screenshot erstellt, inklusive URL, Tab-ID, Browser- und Gerätedaten, und an einen Server geschickt — getarnt als Funktion „AI Threat Detection“.
- Transparenzproblem: in der Datenschutzerklärung wurde von Schutz vor Malware gesprochen, in der Realität wurden normale Websites erfasst, einschließlich E-Mail, Social Media, Banken und andere sensible Seiten.
- Risiko für Nutzer: mögliche Weitergabe von Passwörtern, privaten Nachrichten oder sensiblen Informationen, die während der Aufnahme auf dem Bildschirm sichtbar waren.
2.2. Hola VPN — Nutzer als P2P-Netzknoten
Hola VPN wurde als kostenloser VPN/Proxy beworben, aber Recherchen zeigten, dass der Dienst ein Peer-to-Peer-Modell nutzt: der Datenverkehr anderer Nutzer kann über Ihre IP laufen. Zudem wurde dieser Traffic über den kommerziellen Dienst Luminati (heute Bright Data) weiterverkauft.
- Plattformen: Browser-Erweiterungen und eigenständige Apps.
- Wesenskern des Modells: der Nutzer installiert einen „kostenlosen“ VPN, dessen Verbindung aber als Ressource weitergegeben wird — Ihr IP-Adresse kann für Scraping, automatisierte Anfragen und potenziell illegale Aktivitäten genutzt werden.
- Risiken: Sperrungen, Beschwerden wegen verdächtigen Verhaltens, mögliche rechtliche Konsequenzen und ein massiver Widerspruch zwischen Werbung und tatsächlichem Verhalten.
2.3. UFO VPN-Cluster und verwandte Apps
2020 deckten Forscher auf, dass ein ganzer Cluster von VPN-Apps des Unternehmens Dreamfii HK Limited eine ungeschützte Datenbank mit ca. 1 TB an Nutzerlogs offen zugänglich ließ — trotz beworbener „no-logs“-Politik.
Unter anderem betroffen waren:
- UFO VPN
- FAST VPN
- Free VPN
- Super VPN
- Flash VPN
- Safe VPN
- Rabbit VPN
Die Datenbank enthielt IP-Adressen, Zeitstempel, verwendete Protokolle und teilweise Informationen über das Ursprungsnetz — genug, um Nutzer eindeutig zuzuordnen. Ein direkter Widerspruch zu den werblichen „no-logs“-Behauptungen.
2.4. Onavo Protect — VPN als Werkzeug für Nutzungsanalysen
Onavo Protect, von Facebook (Meta) übernommen, wurde als kostenloser VPN beworben. Später stellte sich heraus, dass der gesamte Datenverkehr zur Analyse des Nutzerverhaltens genutzt wurde: welche Apps installiert werden, wie häufig Konkurrenz-Apps genutzt werden usw.
- Plattformen: iOS und Android.
- Kernproblem: offensichtlicher Interessenkonflikt — ein VPN eines Werbe-/Social-Media-Konzerns mit Zugriff auf detaillierte Verhaltensdaten der Nutzer.
- Ergebnis: nach medialer Kritik wurde die App aus dem App Store entfernt und später vollständig eingestellt.
3. Gemeinsame Merkmale der aufgedeckten Fälle
Trotz großer Unterschiede weisen alle Fälle mehrere Gemeinsamkeiten auf:
- Marketing widerspricht der Realität. „No-logs“-Versprechen waren faktisch falsch.
- Intransparente Monetarisierung. Datenverkauf, Weiterverkauf des Traffics, versteckte Analysen — alles ohne ausreichende Offenlegung.
- Mangelhafte Kommunikation von Risiken. unklare Unternehmensstruktur und fehlende Angaben zu wesentlichen Gefahren.
- Fokus auf Masse statt Vertrauen. Hauptziel war Wachstum, nicht Sicherheit oder überprüfbare Transparenz.
4. Auswirkungen auf Nutzer und den VPN-Markt
Für Nutzer bedeutet dies, dass die Installation eines zufälligen „kostenlosen VPN“ das Gegenteil von Sicherheit bewirken kann: mehr Überwachung, Datenlecks oder missbräuchliche Nutzung ihrer IP.
Für den Markt entstehen langfristige Reputationsschäden: seriöse Anbieter müssen mehr in Audits, Infrastrukturtransparenz und unabhängige Prüfungen investieren.
Gleichzeitig wächst das Interesse der Regulierungsbehörden an VPN-Diensten — teils mit formellen Anforderungen an Registrierung, Datenhaltung oder Zusammenarbeit mit Behörden.
5. Praktische Empfehlungen für VPN-Nutzer
- Prüfen Sie den Eigentümer und die Gerichtsbarkeit. Unklarheit ist ein Risiko.
- Lesen Sie unabhängige Berichte. Suchen Sie: „VPN-Name + data leak / logs / investigation“.
- Analysieren Sie das Monetarisierungsmodell. Ein „komplett kostenloser“ VPN kompensiert fehlende Einnahmen fast immer durch Datenverwertung.
- Achten Sie auf echte Datenschutzindikatoren. unabhängige Audits, Whitepapers, transparente Architektur.
- Vorsicht bei unbekannten Erweiterungen. besonders bei solchen, die weitreichende Berechtigungen verlangen.
Fälle wie FreeVPN.One, Hola VPN, UFO VPN und Onavo Protect erinnern daran: Ein VPN ist kein magischer „Anonymitäts-Knopf“ — es ist ein komplexer Dienst, dem Sie Ihren gesamten Datenverkehr anvertrauen.
• Analyse des FreeVPN.One-Falls — Koi Security
• Berichte über Hola VPN und Luminati/Bright Data — ZDNet, Ars Technica
• Untersuchung zum UFO-VPN-Datenleck — vpnMentor
• Berichte zu Onavo Protect — WSJ, The Guardian